Portrait
„…Christine Reinckens bringt also ihre Virtuosität keineswegs zur Image-Produktion ins Spiel, sondern zur Herstellung wahrhaftiger Abbilder. Bei ihren malerischen Analysen des physischen und psychischen Seins bleibt die traditionelle Aufgabe des Porträts – das Flüchtige festzuhalten, um das Beständige sichtbar zu machen, das Dauernde im Vorübergehenden aufscheinen zu lassen – unangetastet. Die Freiheiten, die die Künstlerin sich dabei nimmt und zugleich gibt, wird auf überzeugende Weise den Modellen gerecht: Denn die Qualität dieser aktuellen Bilder von Menschen zeigt sich nicht nur daran, dass sie anderen unmittelbar plausibel erscheinen, sondern dass sich auch die Dargestellten be- und getroffen vorkommen.“
Dr.Harald Kimpel
Figur
„Weil das Haptische in der… Körperdarstellung bei Christine Reinckens über das zutiefst Sinnliche hinaus eine geradezu erotische Wahrnehmung malerischer Figuration nahelegt, scheint mir das Werk dieser Künstlerin über ihre formale Meisterschaft hinaus so wichtig zu sein im heutigen Kunstgeschehen. Denn nur Menschen- und Dingbilder wie die ihren können der täglichen Flut des kalten, emotionslosen Oberflächendesigns, wie wir dies in der Werbung anhaltend vorgesetzt bekommen, ein Korrektiv entgegen setzen.“
Elmar Zorn, 2016
Akt
„…Daher genügt der Künstlerin bei ihren Aktdarstellungen bloße Nacktheit nicht. Sie will mehr als die Abwesenheit von Kleidung. Der Blick dringt unter die Oberfläche, Haut zeigt sich nicht länger als jene delikate homogene Außenseite, über deren Modulation sich der Körper definierte: Tiefere Schichten von eigenartiger Tönung werden nun bloßgelegt, als wäre die Haut abgezogen, um darunter verborgene Strukturen zu erforschen. Der Umweg über das Innere ermöglicht Christine Reinckens also das Vordringen zum Charakteristischen der Persönlichkeit.“
Dr.Harald Kimpel
Vor-Ort-Studien
Als Menschenmalerin suche ich nicht nur die gedankliche Annäherung an eine zeitgemäße Darstellungsweise, sondern auch den Reiz der sinnlich-optischen Erscheinung meines Gegenübers. Jenseits der heute üblichen Fotoästhetik ist z.B. beim Aktmalen Nacktheit als existenzieller Zustand erlebbar. Ohne die daraus resultierenden Erfahrungen hinsichtlich Farbigkeit und Anatomie wären die aufwändig hergestellten Atelierbilder nicht denkbar.
Rhythmen und Reihen
„… lernen wir in Christine Reinckens Gemälden ganz unpathetisch aufs Neue das ABC einer zutiefst individuellen Wahrnehmung des Menschen in seiner Gruppe.
Denn beides ist gestaltet: die isoliert vorgeführte Person jeweils in Alter, Gestus, Kleidung, zu der wir uns schnell ins Verhältnis setzen können, und die Person in ihrem sozialen Zusammenhang. Doch haben wir es eben nicht mit soziologischen Studien einer Kontextabbildung zu tun, sondern mit Studien zur Menschlichkeit, lateinisch Humanität bzw. Humanismus.
Elmar Zorn Hohenaschau 2016